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Messtaster mit RENGAGE™ Dehnmessstreifentechnologie - ohne Mechanik genauer messen

RENGAGE™Seit ihrer Erfindung in den 70er Jahren durch den Gründer der Firma Renishaw sind Messtaster aus der modernen Fertigung nicht mehr wegzudenken. Angefangen bei der Ausrichtung des Werkstücks, über die Erfassung und Korrektur der Geometriemerkmale im laufenden Bearbeitungsprogramm, bis zur Abnahme des fertigen Werkstücks reichen die typischen Einsatzgebiete von Messtastern auf Werkzeugmaschinen.

Immer mehr wollen immer genauer messen

Während am Anfang der Entwicklung noch Genauigkeiten im Bereich von wenigen 1/100 mm ausreichend waren, so sind in den letzten Jahren die Fertigungsanforderungen und Maschinenfähigkeiten so gestiegen, dass im Fehlerbudget für den Messtastereinsatz nur noch wenige µm zur Verfügung stehen. Zusätzlich ermöglicht die steigende Anzahl von vier- und fünfachsigen Werkzeugmaschinen die Bearbeitung komplexerer Werkstücke. Damit steigt auch der Anteil an Geometriemerkmalen die nicht nur achsparallel angetastet werden müssen. Dazu kommt, besonders aus dem Bereich des Werkzeug- und Formenbaus, die Anforderung, in beliebigen Raumrichtungen Oberflächenpunkte genau messen zu können. Um diese Genauigkeiten zu erzielen, muss auch die bei der Auslösung des Messsignals wirkende Antastkraft beachtet werden. Sonst kann es bei empfindlichen Werkstücken, z. B. Kupferelektroden, leicht zu elastischen Verformungen kommen, die das Messergebnis beeinflussen.

Genauigkeit und Funktionsprinzip hängen voneinander ab

Vor diesem Hintergrund kommt dem Funktionsprinzip des Messtasters besondere Bedeutung zu. Bei den kinematischen Prinzipien haben im Markt zwei Ausführungen große Verbreitung erlangt: Systeme nach dem „Dreipunktlagerungsprinzip“ und dem, ursprünglich aus patentrechtlichen Gründen verwendeten, „Halbkugelprinzip“.

Dreipunkttaster (Renishaw-Prinzip) sind mit Abstand am meisten verbreitet und haben den großen Vorteil einer von Fertigungstoleranzen weitgehend unabhängigen statisch eindeutig bestimmten Position des Tastelements. Halbkugeltaster sind statisch überbestimmt und damit immer direkt von der erreichten Fertigungsgenauigkeit des jeweiligen Exemplars abhängig. Die Auswirkungen werden als Tastervorlaufvariation sichtbar. Das bedeutet, dass der Weg zwischen Berührung der Werkstückoberfläche durch das Tastelement und Speicherung der aktuellen Achspositionen in Abhängigkeit von der Messrichtung variiert. Bild 1 und 2 zeigen die Radiusabweichungen an einer Kalibrierkugel in der XY-Ebene (0°) und in Schritten von jeweils +22,5° relativ dazu. Die dargestellten Messergebnisse wurden auf Werkzeugmaschinen an einer Kalibrierkugel erfasst und beinhalten deshalb auch einen maschineneigenen Abweichungsanteil.

Bild 1:
„Dreipunktprinzip“, optischer Sensor, 40mm Tasteinsatz Radiusabweichung [µm]
Bild 2:
„Halbkugelprinzip“, elektr. Schalter, 50mm Tasteinsatz Radiusabweichung [µm]

Verursacht wird dies durch richtungsabhängiges „Spiel“ bei den überbestimmten Tastern und, zum überwiegenden Teil, durch eine größere Differenz zwischen dem Betätigungsweg des Schalters in radialer und axialer Richtung. Bei den kinematisch bestimmten Dreipunkt-Systemen führt besonders die richtungsabhängige Rückstellkraft zu einer Variation des Tastervorlaufs in radialer Richtung.

Da bei der üblichen Messtasterkalibrierung jedoch nur ein einziger effektiver Radius bestimmt wird, entstehen in der XY-Ebene häufig Messabweichungen in einer Größenordnung von 5 bis 10 µm. Bei Halbkugeltastern und Dreipunkttastern mit separatem Sensor vergrößert sich dieser Fehler erheblich wenn die Antastrichtung gleichzeitig einen radialen und axialen Richtungsanteil hat (Kurven für 22,5° - 67,5° in Bildern 1 und 2).

Die zu Messfehlern führenden prinzipiellen Nachteile, großer und gleichzeitig stark variierender Tastervorlauf, der bisher genannten Konzepte können nur durch eine möglichst direkte mit geringsten Verformungen arbeitende Erfassung der Tasterberührung vermieden werden. Das bei Standardmesstastern von Renishaw verwendete Prinzip der Widerstandsmessung durch die kinematischen Lagerpunkte ergibt bereits einen sehr geringen und nur wenig richtungsunabhängigen Tastervorlauf in 3D (Bild 3) . Die von anderen Herstellern verwendeten indirekt betätigten optischen oder elektrischen Schalter führen bei Antastrichtungen mit kombiniertem radialen und axialen Richtungsanteil zu starken Abweichungen, so dass hier eigentlich nur von 2½D-Tastern gesprochen werden kann. Nur durch aufwendige Einzelkalibrierung aller für die Messaufgabe erforderlichen Antastrichtungen kann hier eine Genauigkeit in der sonst typischen Größenordnung erzielt werden.

Bild 3:
Renishaw OMP60, „Dreipunktprinzip“, direkt schaltend, 50mm Tasteinsatz Radiusabweichung [µm]

RENGAGE™ Dehnmessstreifentaster - Höchste Genauigkeit bei einfachster Anwendung

Bei der Weiterentwicklung der Messtaster für den Bereich der Koordinatenmessgeräte hat man bei der Firma Renishaw schon frühzeitig erkannt, dass mechanisch wirkende Messtasterkonstruktionen mit schaltenden Sensoren höheren Genauigkeitsanforderungen nicht in jedem Fall genügen können. Entwickelt wurden dann völlig neue auf Dehnmessstreifen basierende Sensoren, die auch in der Werkzeugmaschine eingesetzt werden können.

Das Konstruktionsprinzip adressiert konsequent die Nachteile der sonst üblichen Tasterkonzepte und vermeidet, dass zur Auslösung des Schaltsignals eine Bewegung des Tasteinsatzes erforderlich ist. Die verwendeten Dehnmessstreifen (DMS) messen die bei der Berührung mit dem Werkstück wirkende Kraft und werten sie zur Erzeugung des Schaltsignals aus. Die Auslösekraft beträgt nur ein paar Gramm, sehr viel weniger als bei mechanischen Messtastern, wodurch größere Verbiegungen der mechanischen Struktur vermieden werden. Das Ergebnis ist eine extrem gute Wiederholgenauigkeit und eine vernachlässigbare Tastervorlaufvariation in allen Antastrichtungen.

Die zusätzlich vorhandene „normale“ Kinema­tik wird lediglich für den nach der Antastung bis zum Stillstand der Maschinenachsen notwendigen Tasterüberlauf verwendet und stellt die reproduzierbare Nulllage des Tastereinsatzes nach der Auslenkung sicher.

Durch die feine Abstimmung der Tastersteifigkeiten wird der in den Messzyklen für die Berechnung des tatsächlichen Messpunktes erforderliche effektive Kugelradius unabhängig von der Antastrichtung (Bild 4). Deshalb genügt es, den Taster lediglich in seinen Hauptachsen zu kalibrieren. Alle anderen Antastrichtungen können danach direkt und ohne weitere Kalibrier­schritte ausgewertet werden.

Bild 4:
Renishaw OMP400, „Dehnmessstreifen-Sensor“, 50mm Tasteinsatz Radiusabweichung [µm]

Die Elektronik kümmert sich um mögliche Störquellen

Bei den ersten Generation brachten die niedrigen Auslösekräfte auch den Nachteil einer höheren Störempfindlichkeit für die in der Maschine auftretenden Kräfte bei der Werkzeughandhabung mit. Ohne geeignete Auswertealgorithmen und automatischen Nullabgleich konnte, je nach Tasteinsatz, schon die Lageänderung des Messtasters ein Schaltsignal auslösen. Dies erforderte früher speziell abgestimmte Messzyklen. In den aktuellen Baureihen seiner DMS-Messtaster hat Renishaw die Auswerteelektronik jedoch so weiter optimiert, dass die Effekte von Vibrationen und Schock noch zuverlässiger von gültigen Antastsignalen getrennt werden. Damit können die besonderen Vorteile der hochgenauen RENGAGE™ DMS-Messtaster, ohne größere Einschränkungen, auf einer breiten Palette an Werkzeugmaschinen genutzt werden.

Gut für viele Anwendung

Durch ihre besondere Technologie und die damit verbundenen Eigenschaften bieten die RENGAGE™ DMS-Messtaster eine Reihe von signifikanten Vorteilen gegenüber anderen Konstruktionen:

  • Hohe Wiederholgenauigkeit, auch mit sehr langen (>100mm) oder speziell geformten Tasteinsätzen, ermöglichen den flexiblen Einsatz auch bei schwierigen Messaufgaben.
  • Das mechanische und „elektrische“ Zentrum der Tastkugel sind identisch. Der Taster ermöglicht deshalb auch hochgenaue Messungen auf Maschinen ohne Spindelorientierung.
  • Hohe Lebensdauer, da die Signalgenerierung verschleißfrei erfolgt
  • Extrem geringe Tastervorlaufvariation in allen (!) Antastrichtungen und daher geringer Kalibrieraufwand.

Seit der Einführung der DMS- Technologie mit dem MP700 wurde diese laufend verbessert und hat sich als Standardlösung für anspruchsvolle Messaufgaben auf Werkzeugmaschinen etabliert. Im Bereich der Maschinenkalibrierung mit langen Tasteinsätzen und anwendungsspezifischen Sonderlösungen sind die Dehnmesstreifentaster von Renishaw schon lange nicht mehr wegzudenken. Neben Systemen mit optischer und kabelgebundener Übertragungsmethode, steht mit dem RMP600 auch eine Funkvariante zur Verfügung. Somit können nahezu alle Werkzeugmaschinentypen von dieser hochgenauen Messtechnik profitieren.

 

Autoren:

Dr. Jan Linnenbürger, Leiter Messtechnik Renishaw GmbH

Klaus Rapp, Produktspezialist Renishaw GmbH